Der Vertrag zwischen Autor und Leser

Von Orsons Scott Cards Schreibratgeber Characters and Viewpoint lässt sich mehr lernen als das Strukturprinzip MICE Quotient.

Der Autor von Enders Spiel zeigt auch, welche Erwartungen Leser an Dein Buch haben und wie Du sie erfüllst.

Sehen wir uns den Vertrag zwischen Autor und Leser an.

Der Vertrag zwischen Autor und Leser

Auf den ersten Seiten zeigst Du Deinem Leser implizit, um was für eine Art Story es sich handelt:

  • Milieu: Das Setting steht im Vordergrund. Der Leser taucht in eine spannende fremde Welt ein.
  • Idee (Frage/Antwort): Die Hauptfigur klärt ein rätselhaftes Ereignis auf.
  • Charakter: Die Hauptfigur entwickelt sich im Verlauf der Story weiter, gewinnt ein neues Selbstbild.
  • Ereignis: Die Welt ist im Ungleichgewicht, die Hauptfigur muss es wieder herstellen.

Hier der ausführliche Artikel zum Thema: https://storymonster.de/mice-quotient

Sagen wir, Deine Story beginnt mit einem Mord. Du führst außerdem Figuren ein, die einen Grund haben, den Mord aufzuklären – etwa ein Team von Polizisten. Dann erwarten Deine Leser natürlich, dass genau das geschieht.

Sie freuen sich darauf, alles über die Umstände des Mords zu erfahren, sie wollen miträtseln und am Ende eine schlüssige Auflösung.

MICE Quotient - Infografik deutsch - Mary Robinette Kowal - Orson Scott Card - Storymonster

Vertragsbruch: Die Sünde des Autoren

Was passiert, wenn Deine Geschichte nicht damit endet, dass der Mord aufgeklärt wird (Idee-Story), sondernd damit, dass die Witwe des Ermordeten über dessen Tod hinwegkommt (Charakter-Story)? Dann fühlt sich der Leser veräppelt. Denn das Versprechen – der Vertrag – war, dass der Mord aufgeklärt wird.

Allerdings kann die Geschichte der Witwe als Nebenhandlung dienen. Das kann der Story mehr Tiefe verleihen. Oder Du machst gleich eine Charakter-Story daraus. Du fängst mit der Frau des Ermordeten an, legst den Schwerpunkt in den ersten Absätzen auf ihre plötzliche Witwenschaft.

Dann wird der Leser eine Charakter-Story erwarten – die Geschichte darüber, wie die Frau über den Tod ihres Gatten hinwegkommt und ein neues Leben beginnt.

Die Faustregel: Beginne Deine Geschichte mit dem Storytyp, mit dem Du sie auch beendest.

Wenn Du also eine Idee-Story wie oben anfängst, einen Krimi oder einen Mystery-Thriller, kannst du nicht mit der Auflösung einer Charakter-Story beenden.

Klingt alles banal, ist aber einer der Hauptgründe, warum Bücher auf Amazon & Co. beim Käufer durchfallen: „Hat meine Erwartungen nicht erfüllt“ steht unter gefühlt jeder Ein-Sterne-Rezension.

Wenn Du Dich an die Verkettungsregel von Mary Robinette Kowal hältst, bist Du diese Sorgen übrigens los. 🙂

© 2017 Storymonster

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